Krankheit als Weg der Seele – Schamanische Perspektiven auf Heilung und Gesundheit

Tasse mit Kamillentee und Kamillenblüten auf rustikalem Holztisch – Symbol für natürliche Heilung

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Triggerhinweis: Dieser Beitrag spricht sensible Themen an (Krankheit, Trauma, Sterben, spirituelle Sichtweisen). Bitte lies achtsam. Wenn dich etwas triggert:

Die WHO definiert Gesundheit als einen „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.“ Nach der Definition der Sozialgerichte bezeichnet Krankheit „einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der Behandlungsbedürftigkeit und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.“

Als Schamanin liegt mein Augenmerk vor allem auf der Gesundheit der Seele. Diese schließt einen Zustand des Körpers, den wir aus menschlicher Sicht vielleicht nicht unbedingt als gesund bezeichnen würden, nicht aus, auch, wenn es sich mit einem gesunden Körper ganz sicher angenehmer leben lässt.

Hinweis: Die folgenden Impulse ergänzen ärztliche und psychotherapeutische Behandlung und ersetzen sie nicht. Bitte brich keine Therapie eigenständig ab und triff medizinische Entscheidungen immer gemeinsam mit Fachpersonen.

Nach dem schamanischen Weltbild inkarniert sich eine Seele, weil sie Erfahrungen machen möchte. Sie möchte sich selbst zutiefst kennenlernen und nicht nur wissen, wer sie ist, sondern in einem Körper erfahren. Sie inkarniert sich immer wieder. Manche Inkarnationen sind leicht und voll dessen, was wir normalerweise Glück nennen und manche sind leidvoll, geprägt vielleicht von Krieg, Gewalt oder eben auch Krankheit oder Behinderung.

Es kann also durchaus sein, dass eine Seele sich vollkommen heil und gesund fühlt, obwohl ihr Körper als krank bezeichnet werden könnte. Bei Menschen wie z.B. Stephen Hawking mag dieses Phänomen einleuchtend erscheinen. Er lebte mit einer stark einschränkenden Erkrankung, zugleich entfaltete er eine außergewöhnliche geistige Schaffenskraft. Auch blinde Menschen berichten häufig, dass andere Wahrnehmungskanäle sich stark verfeinern.

In schamanischer Sprache kann auch das Sterben als Übergang verstanden werden. Manchmal halten wir so fest an gewohnten Lebensweisen, dass keine Entwicklung mehr geschieht. Aus seelischer Perspektive kann dann der Impuls entstehen, ein völlig neues „Setting“ zu wählen bis hin zum Abschied aus dem Körper. Diese Sicht will Leid nicht kleinreden; sie kann manchem Menschen helfen, Frieden zu finden.

Jede Krise eröffnet zugleich die Möglichkeit, Gewohnheiten zu prüfen, alte Muster zu wandeln und neue Wege zu gehen. Manche Menschen nutzen diese Einladung, andere nicht. Aus schamanischer Sicht bleibt Tod ein Übergang, kein Zustand.

Jede Krankheit hat eine Absicht“ – so lautete eine Botschaft meiner Geister vor einiger Zeit. Wenn wir diese Absicht verstehen, finden wir leichter Wege der Heilung: sei es durch Ärzt*innen, Heilpraktiker*innen, Psychotherapeut*innen oder durch seelisch-energetische Arbeit. Und manchmal führt dieses Verstehen einfach zu mehr Frieden mit dem, was ist.

Eine meiner Aufgaben als Schamanin ist es, mit der Seele einer Klientin oder eines Klienten in Kontakt zu treten und mögliche Bedeutungen sichtbar zu machen. Häufig ist das ein Prozess: Erkenntnisse tauchen leise auf, Einstellungen verschieben sich, Handeln wird leichter. Wandlung verläuft eher in Schritten als mit einem großen Knall.

Ich möchte an dieser Stelle kurz noch darauf eingehen, was ich unter einer Seele verstehe.

Im Grunde weiß niemand, wo eine Seele anfängt und wo sie aufhört. Wir sind unendliche Wesen in einem Ganzen, das ebenfalls unendlich ist. Das lässt sich als Mensch kaum begreifen und doch können wir ahnen, dass die Seele weit größer ist als das, was wir üblicherweise wahrnehmen.

Wir wissen, dass wir einen Körper haben und dass es ein Bewusstsein gibt. Manche von uns spüren auch sehr deutlich, dass wir ein Unterbewusstsein besitzen, das uns nicht leicht zugänglich ist, aber dennoch in unserem Leben wirkt.

Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass wir nicht Menschen sind, die eine Seele haben, die irgendwo außerhalb von uns existiert und unabhängig von uns Entscheidungen trifft. Wir sind keine Opfer unserer Seelenentscheidungen.

Ein Mensch ist seine Seele.

Wenn wir uns auf der Erde inkarnieren, vergessen wir bewusst einen großen Teil von uns selbst, damit echte Erfahrung, Wachstum und Schöpferkraft überhaupt möglich sind.

Würden wir als Mensch von Anfang an alles wissen, gäbe es nichts mehr zu entdecken. Wir würden uns schlicht langweilen und Entwicklung wäre unmöglich. Doch wir haben jederzeit die Möglichkeit, uns zu erinnern, wer wir sind, wenn wir es wollen.

Die Seele eines Menschen kann mit dem Teil, der ihm hier und jetzt nicht bewusst ist, eine Entscheidung treffen, auch dann, wenn der Mensch auf bewusster Ebene etwas ganz anderes will.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir immer die Möglichkeit haben, uns diese verborgenen Teile unserer Seele ins Bewusstsein zu holen, wenn wir wirklich still werden und zuhören.

Doch manchmal spielen uns Hoffnung und Wünsche einen Streich. Dann gelingt es uns nicht, in echten Kontakt mit uns selbst zu kommen und wir brauchen jemanden, der uns dabei unterstützt, zum Beispiel eine*n Therapeut*in, eine Ärztin oder einen Arzt, eine*n Heilpraktiker*in oder auch eine*n Schaman*in.

Mögliche Ursachen für Krankheiten aus schamanischer Sicht

Es gibt viele Wege, Krankheit zu betrachten und zu verstehen. Aus schamanischer Sicht kann Krankheit eine Botschaft oder ein Ausdruck seelischer Dynamiken sein: eine Einladung, etwas in uns zu erkennen, zu verändern oder zu heilen.

Die folgenden Abschnitte zeigen verschiedene Möglichkeiten, wie sich seelische, geistige und energetische Prozesse in körperlichen Symptomen spiegeln können.

Hinweis auf Änderungswunsch deines Lebensstils

“Geh Du vor”, sagte die Seele zum Körper, “auf mich hört er nicht. Vielleicht hört er auf Dich.” “Ich werde krank werden, dann wird er Zeit für Dich haben”, sagte der Körper zur Seele.

© Ulrich Schaffer, (*1942), Fotograf und Schriftsteller, gefunden auf APHORISMEN.DE

Krankheit kann ein Hinweis darauf sein, dass dein Leben oder Denken nach Veränderung ruft. Oft geht es dabei um grundlegende Annahmen über das Leben, darüber, was du glaubst, darfst, sollst oder musst. Wenn sich Denken und Fühlen wandeln, verändert sich nach und nach auch das Handeln. Und mit Geduld kann daraus oft eine neue Form von Gesundheit und Lebendigkeit entstehen.

Solche Veränderungen können ganz „irdisch“ beginnen: in Gesprächen, durch Therapie, durch Freundschaften oder durch Erfahrungen, die uns berühren.

Schamanische Begleitung kann hilfreich sein, wenn du spürst, dass dein Verstand bereits versteht, was sich ändern sollte, dein Gefühl aber nicht mitkommt. In solchen Fällen kann es sein, dass

  • dir ein Seelenanteil fehlt,
  • du in einer früheren Inkarnation oder auch in deiner sehr frühen Kindheit bestimmte Erfahrungen gemacht und entsprechende Entscheidungen getroffen hast, an die du weder mit deinem Alltagsbewusstsein noch mit einer Psychotherapie herankommst,
  • dir spirituelle Einsichten fehlen, die dir helfen könnten, dein Denken und Fühlen zu ändern

Wenn es zu früh oder zu gefährlich wäre – etwa, weil es überfordern würde –, Erinnerungen ins Bewusstsein zu holen, zeigt sich in schamanischen Reisen oft eine klare Grenze, zum Beispiel in Form eines Nebels oder eines verschlossenen Höhleneingangs. Ich achte solche Grenzen immer.

Das kann jedoch auch bedeuten, dass eine Krankheit unter Umständen nicht vollständig geheilt werden kann. Manche Seelen entscheiden sich, den Körper zu verlassen, ihren Konflikt „im Himmel“ zu lösen und danach wiederzukehren. Es gibt Berichte von Menschen, die danach außergewöhnlich schnell genesen sind.

Wie auch immer sich der Sachverhalt bei dir zeigt: Hol dir jede Form von Unterstützung, die dich stärkt und dir hilft, deinen Weg liebevoll zu verändern.

Fehlen eines Seelenanteils

Warum Seelenanteile fehlen können, habe ich in einem anderen Beitrag beschrieben. Hier möchte ich kurz darauf eingehen, wie dadurch Krankheiten entstehen können.

Wenn uns ein Seelenanteil abhandenkommt, entsteht eine Art Lücke in unserem inneren Gefüge. Wir sind nicht mehr ganz. In diese Lücke können sich fremde Energien setzen und manchmal auch krankmachende Einflüsse. In der schamanischen Arbeit gilt es dann, den verlorenen Seelenanteil zurückzuholen und die fremde Energie aus dem System zu lösen. In meiner Arbeit geschieht beides in einem zusammenhängenden Prozess.

Zum einen wirkt die zuvor belastende Energie, zum anderen fehlt uns die Kraft und Essenz des eigenen Anteils. Dadurch leben wir nicht mehr im Einklang mit dem, was unserer Seele eigentlich entspricht. Das beeinflusst unser Erleben und damit nach und nach auch unser Denken und Fühlen.

Immer wieder erlebe ich, dass Menschen nach einer Seelenrückholung ganz selbstverständlich andere Entscheidungen treffen, nachdem ein Seelenanteil wieder zurückgekommen ist.

Entscheidungen, an die wir uns nicht mehr erinnern können

In meinem Blogbeitrag über Seelenanteile beschreibe ich die Erfahrung einer jungen Frau. Sie bekam plötzlich große Angst, ihre Beine zu verlieren. Diese Angst hatte ihren Ursprung in einer früheren Inkarnation im Mittelalter, in der sie als kluge und schreibkundige Frau der Folter zum Opfer gefallen war.

Damals traf sie auf seelischer Ebene die Entscheidung, in künftigen Leben lieber unauffällig oder „dumm“ zu sein, weil das sicherer schien. Doch die Bedingungen auf der Erde haben sich verändert. In vielen Teilen der Welt – besonders hier in Europa – ist es heute deutlich weniger gefährlich für Frauen, klug, wissend und ausdrucksstark zu sein. Intelligenz und Wissen werden zunehmend geschätzt. Sie konnte also eine neue Entscheidung treffen und die Angst verlor ihre Macht.

Die folgenden Beispiele erklären nicht die medizinische Entstehung, sondern zeigen mögliche seelische Bedeutungen.

Ähnliche seelische Entscheidungen können sich in ganz unterschiedlichen Formen zeigen. Manche Menschen verweigern sich unbewusst der „Süße des Lebens“, weil sie sie früher mit Schmerz verbunden haben und der Körper übersetzt das vielleicht in Diabetes.

Manche essen übermäßig Fettiges, weil in der Ahnengeschichte Hunger herrschte.

Eine Frau könnte nach traumatischen Geburtserfahrungen in früheren Inkarnationen unbewusst Angst vor Schwangerschaft und Verlust gespeichert haben und heute Schwierigkeiten erleben, Kinder zu bekommen oder zu halten.

Es gibt viele Varianten, wie alte seelische Beschlüsse, an die wir uns nicht mehr erinnern, unser jetziges Leben beeinflussen können.

Schamanische Methoden können helfen, solchen unbewussten Entscheidungen auf die Spur zu kommen. „Gefahr erkannt“ bedeutet in diesem Zusammenhang oft auch „Gefahr gebannt“, denn sobald uns bewusst wird, dass die damaligen Bedingungen längst vorbei sind, kann die Seele aufatmen und sich wieder dem Heute zuwenden.

Krankheit als Möglichkeit, bestimmte Fähigkeiten oder Sichtweisen zu entwickeln

Wie schon zuvor erwähnt, kommen Seelen auf die Erde, um Erfahrungen zu machen – um sich selbst im Erleben zu erkennen und zu entfalten.
Nach meiner Erfahrung hat jede Seele eine innere Idee davon, was sie in einer Inkarnation erfahren und gestalten möchte.

Anmerkung:
Mir ist bewusst, dass an dieser Stelle bei manchen Leser*innen vielleicht Empörung oder Unverständnis auftauchen kann.

„Wieso sollte ich mir so einen Mist, diese Schmerzen, dieses Leid ausgesucht haben?“ Das ist eine völlig verständliche Frage.

Dieser Ansatz wird leicht mit einer Schuldzuweisung verwechselt. Doch darum geht es mir nicht. Ich bin weit davon entfernt, erfahrenes Leid kleinzureden oder zu sagen: „Was willst du denn – du hast es dir doch ausgesucht!“

Mein Anliegen ist vielmehr, Wege zum Verstehen und Verändern zu öffnen. Wenn wir anerkennen, dass wir an der Gestaltung unseres Weges beteiligt sind, werden wir nicht Opfer der Umstände, sondern können völlig bewusst neue Entscheidungen treffen.

So wie ich es wahrnehme, wählen wir die Bedingungen unseres Lebensbeginns sehr bewusst: unsere Eltern, unsere Kindheit, das Umfeld, in dem wir aufwachsen. Diese Voraussetzungen prägen unseren Glauben, unser Denken und Fühlen und öffnen bestimmte Wege der Entwicklung. Wie wir mit diesen Voraussetzungen umgehen, bleibt jedoch unsere Entscheidung hier auf der Erde.

Ich glaube nicht, dass unser Leben vollständig vorgeplant ist. Das würde uns zu Spielfiguren eines festen Drehbuchs machen. Aber ich denke, dass es Knotenpunkte gibt – entscheidende Momente, die das Potenzial tragen, uns in eine bestimmte Richtung zu bewegen.

Einer dieser Knotenpunkte kann eine Krankheit sein.

Manchmal leben wir unser Leben so einseitig, dass bestimmte Erfahrungen einfach keinen Raum finden. Wenn wir etwa lernen wollen, uns helfen zu lassen, kann es geschehen, dass wir uns – bewusst oder unbewusst – in eine Situation bringen, in der Hilfe unumgänglich wird.

Ich erinnere mich an meinen damaligen Lebenspartner, der sich im Sommer 2020 zwei Fingerkuppen absägte. Er war ständig in Bewegung, immer im „Tun“, getrieben von der inneren Stimme: „Das muss fertig werden!“

Diese Verletzung war eine schmerzhafte, aber wirkungsvolle Art, sich selbst zur Ruhe zu bringen. Er erzählte mir später, dass seine Geister ihn zuvor gefragt hatten, ob er das wirklich wolle und er dem zugestimmt hatte.

Vielleicht brauchte er genau diese Erfahrung, um zu lernen, auch einmal alle Fünfe gerade sein zu lassen. Heute geht er noch immer gern an seine Grenzen, aber er überschreitet sie seltener. Er hört früher auf seinen Körper und erlaubt sich, Pausen zu machen.

Krankheiten oder Behinderungen von Geburt an

Manchmal kommt ein Mensch bereits mit einer bestimmten Krankheit oder Behinderung auf die Welt. Aus schamanischer Sicht kann auch das Teil eines größeren Seelenplans sein – eine Möglichkeit, bestimmte Erfahrungen zu machen, besondere Fähigkeiten zu entwickeln oder durch Bewusstseinsarbeit zu gesellschaftlicher Veränderung beizutragen.

Ich habe in München mit einer Frau gearbeitet, die sich sehr klar an ihre Entscheidung erinnern konnte, in dieser Inkarnation die Erfahrung einer Behinderung zu machen. Sie engagiert sich heute aktiv für Bewusstseinsentwicklung in der Gesellschaft.

Dabei geht es nicht nur darum zu erkennen, dass Anderssein ebenso wertvoll ist wie Normalsein, sondern auch darum, die besonderen Gaben und Perspektiven dieser Menschen zu sehen, zu würdigen und in die Gemeinschaft zu integrieren.

Manchmal zeigt sich dieser Weg auch darin, gängigen ärztlichen Methoden ein bewusstes „Nein“ entgegenzusetzen und dadurch Veränderungsprozesse in Gang zu bringen. Ich erinnere mich an eine Frau, die eine Behandlung ablehnte und damit – ganz unbeabsichtigt – eine neue, schonendere Operationsmethode inspirierte, von der später viele andere Patientinnen profitierten.

Das erfordert große Kraft und Mut und ist gewiss kein leichter Lebensweg.

Schamanische Arbeit kann in solchen Situationen helfen, den eigenen Weg als bewusst gewählt zu erkennen und den inneren Widerstand gegen das Schicksal zu lösen.

Wenn der Kampf aufhört, wird Raum für Frieden, für Leichtigkeit und manchmal auch für Unerwartetes frei. Ich bin davon überzeugt, dass ein so tiefes Loslassen und Annehmen gelegentlich sogar spontane, kaum erklärbare Heilungen möglich machen kann.

Krankheit als unbewusste Strategie, Nähe oder Einfluss zu sichern

Es gibt Situationen, in denen Krankheit – oft völlig unbewusst – eine Funktion jenseits der körperlichen Symptome erfüllt.

Ich erinnere mich an eine Frau, die schwer erkrankt war und sich wünschte, dass ihre erwachsenen Kinder sich wieder mehr um sie kümmern. Im Gespräch wurde deutlich, dass sie tief im Inneren gar nicht gesund werden wollte, weil ihr Kranksein in ihrer Wahrnehmung der einzige Weg war, Zuwendung zu bekommen.

Sie bat mich, mit ihren Kindern zu arbeiten, damit diese sich veränderten, doch ich arbeite grundsätzlich nur mit dem Menschen selbst. Ich bot ihr an, gemeinsam mit ihr zu schauen, was sie selbst verändern könnte, damit es ihr besser geht. Sie meldete sich nicht wieder.

Solche Dynamiken begegnen mir immer wieder.

Nach außen wirkt der kranke Mensch wie ein Opfer der Krankheit, doch auf einer energetischen Ebene fließt die Kraft manchmal in die entgegengesetzte Richtung: Krankheit wird unbewusst genutzt, um Aufmerksamkeit, Liebe oder Einfluss zu sichern. In der Psychologie spricht man hier vom sogenannten sekundären Krankheitsgewinn – also dem Nutzen, den eine Krankheit mit sich bringen kann, etwa Nähe, Schonung oder Aufmerksamkeit.

Für Angehörige ist das oft sehr schwer. Es braucht viel Mitgefühl, aber auch Klarheit, um sich nicht in die Abhängigkeit hineinziehen zu lassen. Manchmal kann ein liebevolles, aber konsequentes Nein aus Achtung vor der Eigenverantwortung der Seele der erste Schritt zur Heilung sein.

In solchen Fällen ist Hilfe, gleich welcher Art, oft erst möglich, wenn der betroffene Mensch selbst wirklich bereit ist, sich zu verändern. Erst dann öffnet sich der Raum für Heilung. Bis dahin kann das Umfeld nur Grenzen halten, Mitgefühl bewahren und darauf vertrauen, dass die Seele ihren Weg erkennt, wenn die Zeit reif ist.

Krankheit als Ausdruck unterdrückter Gefühle (Autoaggression)

Manchmal erleben wir als Kinder oder auch als Erwachsene Schreckliches. Wir müssen mitansehen, wie ein Elternteil, ein Geschwisterkind oder wir selbst misshandelt oder missbraucht werden.

Um in solchen Situationen überhaupt überleben zu können, spaltet die Seele oft Teile von sich ab. Sie schützt sich, indem sie Schmerz, Angst und Ohnmacht aus dem Bewusstsein verbannt.

Neben dieser Abspaltung entsteht häufig ein anderer Mechanismus: Autoaggression, nach innen gerichtete Wut.

Kinder sind auf ihre Eltern angewiesen. Sie müssen sie lieben, egal, was geschieht. Um diese Liebe aufrechtzuerhalten, übernehmen sie unbewusst Verantwortung und Schuld. Sie glauben, dass sie selbst „falsch“ sind oder dass sie anders hätten sein müssen, um die Gewalt zu verhindern.

Als Erwachsene verstehen wir vielleicht längst, dass das, was damals geschah, Unrecht war, aber die alten Gefühle bleiben im Körper gespeichert. Angst, Trauer und Verzweiflung sind schwer auszuhalten, und besonders Wut und Hass dürfen oft keinen Platz haben.

Doch das innere Kind trägt sie weiter. Solange wir diese verdrängten Gefühle nicht behutsam annehmen, wirken sie gegen uns selbst. Das ist die eigentliche Bedeutung von Autoaggression: Energie, die sich nach innen wendet, weil sie nie ausdrücken durfte, was wirklich war.

Das folgende Beispiel beschreibt eine Erfahrungsdimension, keine medizinische Kausalität.

Eine meiner Klientinnen lebte viele Jahre mit Multipler Sklerose. Ihr größter Wunsch war, „wieder in ihre Kraft“ zu kommen und doch floss all ihre Kraft in den Widerstand gegen die eigenen Gefühle.

Sie hat sich damals nicht geöffnet. Irgendwann kam sie einfach nicht mehr. Ich vermute, dass der innere Konflikt für diese Inkarnation zu groß war, um ihn lösen zu können.

Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist. Manchmal ist auch das Teil eines Seelenweges: dass eine Erfahrung erst in einer späteren Situation oder vielleicht auch in einer anderen Inkarnation gewandelt werden kann.

In solchen Fällen kann eine Kombination aus Psychotherapie und schamanischer Arbeit besonders wirksam sein. Die schamanische Arbeit hilft, verlorene Seelenanteile zurückzuholen, energetische Prozesse anzustoßen und das Erleben zu erweitern. Die psychotherapeutische Arbeit unterstützt dabei, das Erfahrene sicher zu integrieren und neue Wege des Ausdrucks zu finden.

Manchmal ist es hilfreich oder sogar notwendig, zunächst in einem geschützten therapeutischen Rahmen zu arbeiten, wenn die aufsteigenden Gefühle zu überwältigend werden.

Beide Wege – der therapeutische und der spirituelle – ergänzen sich, wenn sie mit Achtsamkeit und Respekt vor dem inneren Tempo des Menschen verbunden sind.

Kein Entweder-oder, sondern immer ein Sowohl-als-auch

Am Anfang meiner bewussten spirituellen Entwicklung habe ich zwei Bücher von Sabrina Fox gelesen. Sie fragte darin (leider weiß ich nicht mehr, in welchem genau) Gott, ob sie ihre Augen nicht über einen spirituellen Weg heilen solle. Gott teilte ihr daraufhin mit, dass Gott auch durch Ärzt*innen arbeitet.

Diese Aussage zaubert mir heute noch ein Lächeln auf die Lippen. In meiner Wahrnehmung ist alles eins. Selbstverständlich wirkt das Göttliche auch durch Ärzt*innen und Therapeut*innen. Die wissenschaftliche Medizin beleuchtet einfach einen anderen Aspekt derselben Wirklichkeit.

Ich selbst empfinde den Weg wissenschaftlicher Erkenntnis oft als langsam und mühsam, aber auch als kostbar, weil er überprüfbar ist.

Niemand kann den „Großen Geist“ beweisen. Man kann ihn nur erfahren. Und diese Erfahrung verändert Wahrnehmung, Denken und Fühlen tiefgreifend. Das kann bereichernd sein, aber auch herausfordernd. Manche Menschen möchten oder können sich darauf (noch) nicht einlassen und auch das ist in Ordnung.

Mir erscheint es sinnlos, das eine gegen das andere auszuspielen. Medizin und Spiritualität betrachten unterschiedliche Ebenen desselben Menschen. So wie die Seele auf den Körper wirkt, wirkt auch der Körper auf die Seele.

Es gibt Situationen, in denen die Reihenfolge eindeutig ist: Nach einem schweren Unfall etwa hat die medizinische Versorgung absolute Priorität. Erst danach kann schamanische Arbeit hilfreich sein, um zu verstehen, was diese Erfahrung für die Seele bedeutet oder um Kontakt aufzunehmen, wenn die Seele sich vom Körper gelöst hat und dieser z.B. im Koma liegt.

In beiden Bereichen gilt: Qualität ist entscheidend. Das Ziel jeder Begleitung sollte sein, sich selbst überflüssig zu machen. Weder Medizin noch Spiritualität sollten sich mit Symptomen zufriedengeben, sondern immer nach den Ursachen fragen für eine Heilung, die nachhaltig und ganzheitlich ist.

Wie schamanische Arbeit außerdem Gesundheit fördern kann

Der Placeboeffekt

Selbst dann, wenn spirituelle Methoden keine direkte Veränderung bewirken, kann dennoch eine andere, subtile Kraft wirken: der Placeboeffekt. Er zeigt, dass allein der Glaube an Heilung im Körper messbare Prozesse auslösen kann.

In der wissenschaftlichen Medizin ist die bewusste Nutzung des Placeboeffekts rechtlich eingeschränkt. Spirituell arbeitende Menschen können jedoch das Vertrauen auf die Selbstheilungskräfte des Körpers einbeziehen.

Ich gebe kein Heilungsversprechen, denn Heilung liegt nie in meiner Hand. Doch ich kann sagen: Wenn wir gemeinsam mit der Seele arbeiten, öffnen sich oft Räume, in denen sich auch der Körper erinnert, wie Heilung geht.

Wer sich für den wissenschaftlichen Hintergrund interessiert, findet im Deutschen Ärzteblatt einen spannenden Artikel über die nachweisbaren Wirkungen des Placeboeffekts.

Rückverbindung mit der Natur

Schamanismus ist eine der ältesten spirituellen Praktiken der Menschheit. Er entstand in Zeiten, in denen die Menschen noch eng mit der Natur verbunden waren – ihren Rhythmen, ihren Kräften, ihren Grenzen. Ein zentrales Merkmal dieser Arbeit ist die Rückverbindung mit der Natur.

Wir sind Natur.

In uns wirken dieselben Prozesse wie in allem Lebendigen. Wenn der Winter kommt, zieht sich die Natur zurück, um neue Kraft zu sammeln, und doch versuchen wir Menschen oft, das ganze Jahr über im Sommermodus zu bleiben. Künstliches Licht, Lärm, ständige Aktivität: all das trennt uns von unserem natürlichen Rhythmus.

Doch langsam beginnt ein Umdenken. Immer mehr Menschen spüren, dass wir nicht nur Teil der Natur sind, sondern selbst Natur sind.

Wenn wir uns erlauben, den inneren Jahreszeiten zu folgen, Aktivität und Ruhe, Wachstum und Rückzug, dann folgen wir auch unserem seelischen Rhythmus.
Nichts kann uns die Einheit allen Seins so tief lehren wie die Natur selbst.

Im Wald können wir sie spüren. Die Naturgeister erinnern uns daran, wer wir wirklich sind.

Diese Rückverbindung heilt nicht nur die Seele, sondern wirkt bis in den Körper hinein. Sie sensibilisiert uns für unsere natürlichen Bedürfnisse: für Bewegung, Nahrung, Ruhe, Licht, Berührung. Wenn wir uns wieder auf die Sprache der Natur einstimmen, finden wir auch leichter zurück in die Sprache unseres Körpers.

Bedingungslose Selbstliebe – Wandlung aus der Mitte des Seins

Ein wesentlicher Schlüssel für Heilung auf allen Ebenen ist die bedingungslose Selbstliebe. Viele von uns haben feste Vorstellungen davon, was „gut“ und „richtig“ oder „schlecht“ und „falsch“ ist. Oft wenden wir diese Maßstäbe unbewusst auf uns selbst an und trennen uns dadurch von unserer eigenen Liebe.

Doch wir könnten sagen: „Das gefällt mir, das möchte ich in meinem Leben erfahren und das andere vielleicht nicht.“ Damit entziehen wir der Moral das Urteil und ersetzen es durch Bewusstheit. Wir erlauben anderen, so zu sein, wie sie sind und zugleich erlauben wir uns selbst, unvollkommen zu sein, ohne uns zu verurteilen.

Bedingungslose Selbstliebe bedeutet nicht, alles an sich großartig zu finden, sondern sich selbst mit Nachsicht, Wärme und Verständnis zu begegnen, auch dort, wo es weh tut. Mit der Zeit erwächst daraus eine sanfte Disziplin, die nicht aus Zwang, sondern aus Liebe entsteht: die Kraft, Lebensgewohnheiten zu ändern, Grenzen zu setzen und Verantwortung zu übernehmen.

Wenn wir lernen, all unsere Anteile anzunehmen, muss nichts mehr abgespalten oder verdrängt werden. Dann entstehen keine neuen inneren Lücken, in die sich Krankheit oder Schmerz festsetzen können. Selbstliebe schließt den Kreis. Sie verbindet uns wieder mit der eigenen Ganzheit.

Neben der schamanischen Arbeit ist die bedingungslose Selbstliebe eines meiner wichtigsten Werkzeuge. Sie ist keine Methode im üblichen Sinn, sondern eine Haltung: Ziel und Kompass zugleich. Aus ihr erwächst Heilung, Frieden und jene stille Kraft, die wir oft unser wahres Selbst nennen.

Häufige Fragen und Antworten

Ersetzt schamanische Arbeit eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung?

Nein. Schamanische Begleitung kann ergänzen, vertiefen und Sinnzusammenhänge öffnen, ersetzt aber weder Diagnostik noch Behandlung. Medizinische Entscheidungen triffst du immer gemeinsam mit Fachpersonen.

Was meine ich mit „Jede Krankheit hat eine Absicht“ – ist das Schuldzuweisung?

Es geht nicht um Schuld, sondern um mögliche Bedeutungen und Entwicklungs-Impulse. Das kann Frieden schaffen und Wege zeigen, ohne erlebtes Leid zu relativieren und ohne medizinische Ursachen zu negieren.

Was, wenn ich nichts spüre oder keine Bilder bekomme?

Das ist normal. Wahrnehmung darf wachsen. Stabilisierung geht vor Tiefe: Atem, Erdung, Körperwahrnehmung, Naturkontakt. Wenn es stockt, kann behutsame therapeutische oder schamanische Begleitung helfen.

Wie läuft eine Seelenrückholung ab?

Nach Vorgespräch und Intention reise ich schamanisch, lokalisiere fehlende Anteile, kläre fremde Energien und integriere den Anteil behutsam. Danach: Nachspüren, Integration im Alltag, ggf. Folgetermine.

Kann ich mit schweren Diagnosen schamanisch arbeiten?

Ja, begleitend und traumasensibel. Priorität haben Sicherheit, Symptom-Stabilisierung und die Abstimmung mit Ärzt*innen/Therapeut*innen. Spirituelle Arbeit eröffnet Sinn- und Ressourcenebenen.

Wie erkenne ich eine seriöse Begleitung?

Klarer Rahmen, kein Heilungsversprechen, transparente Grenzen, Einverständnis & Tempo bei dir, respektvolle Zusammenarbeit mit Medizin/Psychotherapie, stimmiges Bauchgefühl.

Was kann ich selbst tun?

Sanfte Routinen: Schlaf, nahrhafte Mahlzeiten, Wasser, langsame Bewegung, Natur, Atem, Berührung, ehrliche Beziehungen, klare Grenzen. Tagebuch für Gefühle & Erkenntnisse, klein anfangen, dranbleiben.

Sind Placebo-Wirkungen „nur eingebildet“?

Nein, Erwartung und Bedeutung können messbare Körperprozesse auslösen. Das rechtfertigt kein Heilungsversprechen, es ermutigt, Vertrauen, Sinn und Zuwendung als Teil des Heilungsraums zu nutzen.

Es grüßt dich herzlich

Tanja Richter


Tanja Richter - ein Portrait

Über die Autorin:

Tanja Richter begleitet Menschen dabei, in die Tiefe ihres Wesens einzutauchen, sich selbst liebevoll zu begegnen und in Verbindung mit der geistigen Welt zu wachsen. Ihre Arbeit ist geerdet, klar und schöpft aus jahrzehntelanger Erfahrung mit schamanischen Wegen, spiritueller Praxis und innerer Meisterschaft.

Erfahre mehr über Tanja Richter und ihre Arbeit …

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