Grenzen setzen in gefährlichen Beziehungen – ein Akt der Selbstachtung und der Verantwortung

Frau mit ausgestreckter Hand vor dunklem Hintergrund – Symbol für ein klares Nein in einer gefährlichen Beziehung

Geschätzte Lesezeit: 8 Minute(n)

Kleine Kraft-Übung vorab

Bevor du weiterliest, nimm dir einen Moment.
Lege eine Hand auf dein Herz.
Spüre deinen Atem.
Spüre dich.

Vielleicht warst du lange damit beschäftigt, andere zu spüren. Ihre Launen. Ihre Worte. Ihre Macht.

Jetzt, hier, geht es um dich.
Nur um dich.
Du darfst bei dir ankommen. In Sicherheit.

Wenn du allein bist: Die Gewalt ist real – auch wenn sie unsichtbar ist

Gefährliche Beziehungen sind nicht immer laut und nicht immer voller sichtbarer Verletzungen. Aber sie nagen am Selbstwert, an der Lebensfreude, an der inneren Klarheit. Wenn du dich klein, verwirrt, ausgelaugt, kontrolliert oder bedroht fühlst, dann ist etwas nicht in Ordnung.

Und ja, oft mischt sich das Denken ein:

  • „Ich übertreibe bestimmt.“
  • „Ich hab’s ja provoziert.“
  • „Wenn ich nur geduldiger, liebevoller, klarer wäre …“

Solche Gedanken entstehen fast immer in Gewaltbeziehungen. Sie sind Teil des Systems, das dich gefangen hält. Aber du bist nicht schuld. Und du darfst spüren, dass etwas falsch läuft. Grenzen zu setzen bedeutet hier: dir selbst zu glauben.

Ein erster Schritt kann sein, mit einer Person deines Vertrauens zu sprechen. Oder aufzuschreiben, was geschieht. Erkennen ist Kraft. Und jede noch so leise Wahrheit zählt.

Wenn du Kinder hast: Sie spüren mehr, als du denkst

  • „Ich bleibe der Kinder wegen.“
  • „Ich will nicht, dass sie ohne Vater, ohne Mutter aufwachsen.“
  • „Ich halte das schon aus.“

Diese Sätze klingen stark. Aber oft sind sie Ausdruck von Ohnmacht.

Kinder brauchen nicht perfekte Eltern. Sie brauchen sichere Räume. Wenn du leidest, leiden sie mit. Auch wenn du lächelst. Auch wenn du alles versteckst.

Kinder entwickeln in gewaltvollen Beziehungen oft Schuldgefühle, Ängste, tiefe innere Konflikte. Sie lernen, Liebe mit Angst zu verbinden, Nähe mit Schmerz. Und sie tragen das oft ein Leben lang weiter.

Aber – und das ist wichtig – du bist nicht schuld. Du hast dein Bestes gegeben. Und du darfst dich jetzt neu entscheiden. Für dich. Für dein Kind. Jedes Bewusstwerden, jedes Nein zur Gewalt, jedes Ja zu dir, ist ein Schutzschild für euch beide. Und ein Anfang.

Kinderseelen und deine Verantwortung als Erwachsener

Vielleicht denkst du manchmal:

  • „Aber mein Kind hat sich das vielleicht ausgesucht.“
  • „Vielleicht braucht es genau diese Erfahrung auch mit dem anderen Elternteil.“

Und ja, vielleicht ist das so. Denn genau wie du ist auch dein Kind eine Seele. Auch sie oder er hat sich diesen Weg gewählt mit all seinen Möglichkeiten, Herausforderungen, Geschenken. Aber: Dein Kind ist hier nicht allein. Es ist ein Kind. Du bist erwachsen.

Und auch wenn du die Erfahrung deines Kindes nicht komplett überblicken kannst, kannst du dich dennoch fragen: Will ich mich dafür zur Verfügung stellen?

Du musst es nicht. Wenn du spürst, dass es dir oder deinem Kind seelisch, körperlich oder energetisch nicht gutgeht, wenn Angst, Scham oder Gewalt im Raum stehen, dann ist es nicht deine Aufgabe, die Erfahrung auszuhalten, damit dein Kind etwas „lernen“ kann.

Deine Verantwortung ist nicht, eine spirituelle Vorstellung zu erfüllen.
Deine Verantwortung ist, in Achtung vor dir und deinem Kind zu handeln.

Manche Seelen sind „sportlich“ unterwegs. Sie packen sich den Rucksack voll, wie du selbst vielleicht auch.
Aber nicht jede Seele schafft es, sich daraus zu befreien – nicht in einer Inkarnation.

Das muss nicht sein.

Du darfst entscheiden, dass jetzt der Punkt ist, an dem du sagst: „Nein. Nicht so.“

Und das ist nicht gegen den Seelenweg deines Kindes, sondern eine neue Weichenstellung auf diesem Weg. Es ist ein Beispiel für innere Wahrheit. Für Mut. Und für Liebe.

Schuldgefühle und die große Verwirrung

Fast alle Menschen, die in Gewaltbeziehungen leben, tragen Schuldgefühle in sich. Sie glauben, es sei ihre eigene Schwäche. Sie hätten die Eskalation provoziert. Oder sie seien zu empfindlich.

Viele wurden von klein auf geprägt, sich selbst die Schuld zu geben. Andere wurden manipuliert durch Gaslighting, emotionale Erpressung, falsche Versöhnung. Wieder andere denken spirituell: „Ich habe das wohl angezogen. Ich muss es erst erlösen.“

Gaslighting ist eine Form von psychischer Manipulation, bei der jemand versucht, eine andere Person systematisch an ihrer eigenen Wahrnehmung, Erinnerung oder ihrem Verstand zweifeln zu lassen.

Typische Merkmale:

  • Abstreiten von Tatsachen („Das habe ich nie gesagt“, obwohl es nachweislich so war).
  • Verdrehen von Realität („Du bildest dir das ein“, „Du bist überempfindlich“).
  • Isolieren oder Schuldumkehr („Alle anderen sehen das auch so, nur du nicht“).
  • Verunsicherung durch kleine, wiederholte Manipulationen, bis das Opfer sich selbst nicht mehr traut.

Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Theaterstück Gas Light (1938), in dem ein Mann seine Frau glauben lässt, sie werde verrückt, indem er unter anderem die Gaslampen im Haus dimmt und behauptet, das bilde sie sich nur ein.

Kurz gesagt: Gaslighting ist psychischer Missbrauch, bei dem eine Person die Realität einer anderen gezielt in Frage stellt, um Macht und Kontrolle über sie zu gewinnen.

Schuldgefühle sind kein Beweis für Schuld. Sie zeigen, dass du fühlst. Dass du Verantwortung trägst. Und dass du dich selbst noch nicht ganz befreit hast. Du kannst deine Schuld in Würde wandeln. Deine Ohnmacht in Entscheidung. Und deine Angst in ein Ja zu dir.

Spirituell betrachtet: Karma ist kein Strafgericht

Gerade in spirituellen Kreisen höre ich oft Sätze wie:

  • „Ich habe mir diese Erfahrung gewählt.“
  • „Ich muss mein Karma auflösen, bevor ich gehen darf.“
  • „Ich zahle jetzt für etwas aus einem früheren Leben.“

Bitte. Halte einen Moment inne.

Karma ist kein Auge-um-Auge-System. Es ist das Prinzip von Ursache und Wirkung. Manchmal hast du, aus Angst, aus Reue, aus alten Erfahrungen, deine eigene Kraft, deine Macht über dich selbst abgelegt. Vielleicht, weil du selbst einmal Täter*in warst. Vielleicht, weil du gelernt hast, dass Macht gefährlich ist.

Aber du bist nicht hier, um zu büßen. Du bist hier, um dich zu erinnern. Wenn du jetzt in einer Opfersituation bist, darfst du wissen: Auch das ist eine Wirkung, aber keine Strafe. Und es ist vor allem keine Verpflichtung, zu bleiben.

Ganz zu werden, bedeutet, deine abgespaltenen Seelenanteile wieder zu dir zu nehmen. Deine Kraft. Deine Klarheit. Deinen Schutzinstinkt. Und deinen freien Willen.

Karma endet nicht, wenn du leidest, sondern wenn du bewusst handelst. Grenzen zu setzen ist ein karmischer Wendepunkt.

Es gibt nichts, was du je getan haben könntest oder tun kannst, dass der Große Geist, die große Mutter dich nicht mehr liebt. Es gibt nichts, das du wieder „gut machen“ müssest.

Aufräumen ja, büßen nein.

Die Seele, die zaubern lernen wollte

Manche Menschen erinnern sich, manchmal schemenhaft, manchmal ganz klar, an das, was war, bevor sie hierher auf die Erde kamen.

Ich erinnere mich daran, wie ich meine Inkarnation vorbereitet habe. Ich stand in einer großen Halle, mit einem Rucksack auf dem Rücken. In den Regalen ringsum lagen Erfahrungen, verpackt in leuchtenden Schwingungspaketen. Und ich – voller Vorfreude – habe mir lauter Quark für meine Kindheit ausgesucht. All die schmerzhaften, verwirrenden, einsamen Dinge, die mir später begegnen würden.

Nicht aus Dummheit oder Strafe. Nein, ich wollte zaubern lernen.

Und ich wusste, dass ich diese Erfahrungen brauchen würde, um zu verstehen, wie tief Licht leuchten kann.
Wie kraftvoll es ist, sich wieder zu verbinden. Wie fein die Magie wird, wenn man sich durch die Dunkelheit hindurch erinnert. Und ich wusste: Ich werde mich erinnern.

Diese Erinnerung kann uns helfen, die dunklen Kapitel unseres Lebens nicht zu verklären, aber sie in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Sie kann uns erinnern: Ich bin den Umständen nicht ausgeliefert. Ich bin eine Seele auf einem Weg. Und selbst wenn ich mich verirrt habe, ich kann mich wiederfinden.

Was jetzt?

Vielleicht ist es nicht heute. Vielleicht nicht morgen. Aber du darfst wissen: Du darfst gehen. Du darfst dich schützen. Du darfst dir helfen lassen.

Es gibt Wege:

  • Beratungsstellen
  • Frauenhäuser
  • Vertrauenspersonen
  • Anwält*innen
  • Therapeut*innen
  • Spirituelle Begleiter*innen.

Es sind Wege zurück zu dir. Wege hinaus aus der Enge. Wege in ein neues Leben.

Du musst nicht alles allein schaffen. Du musst nur den nächsten kleinen Schritt gehen.

Und wenn du dabei stolperst, gehst du trotzdem.

Du bist nicht allein.

Du bist nicht schwach.

Und du bist nicht schuld.

Du bist mutig. Du lebst. Und du darfst frei sein.

Wenn du Unterstützung suchst

Hier findest du einige erste Anlaufstellen:

Wenn du lieber mit jemandem aus deinem Umfeld sprichst, tu es. Jede Bewegung zählt.
Du bist es wert.

Hinweis zur Einordnung

Dieser Text basiert auf persönlichen Erfahrungen, spirituellen Bildern und psychologisch fundierten Beobachtungen.

Er ersetzt keine Therapie, aber er kann ein Anstoß sein für Erkenntnis, Verstehen und Wandel.

Es grüßt dich herzlich

Tanja Richter


Tanja Richter - ein Portrait

Über die Autorin:

Tanja Richter begleitet Menschen dabei, in die Tiefe ihres Wesens einzutauchen, sich selbst liebevoll zu begegnen und in Verbindung mit der geistigen Welt zu wachsen. Ihre Arbeit ist geerdet, klar und schöpft aus jahrzehntelanger Erfahrung mit schamanischen Wegen, spiritueller Praxis und innerer Meisterschaft.

Erfahre mehr über Tanja Richter und ihre Arbeit …

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