Demokratie, Selbstliebe und die Kunst, miteinander zu wachsen

Symbolfoto Demokratie und Gemeinschaft: ineinander verschränkte Hände im Kreis, überlagert mit der Reichstagskuppel in Berlin, Sinnbild für Vertrauen, Zusammenhalt und Politik in Menschlichkeit.

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Demokratie als Übungsweg

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Teil 1 – Die Geschichte

Demokratie als Übungsweg

Vor ein paar Wochen hatte ich ein Gespräch, das mich bis heute beschäftigt. Mein Gesprächspartner meinte, er habe vor kurzem ein Buch gelesen und darin herausgefunden, warum wir in diesem Schlamassel mit Trump, der AfD hier in Deutschland und anderen autoritären Tendenzen stecken.

Der Gedanke war: In einer Demokratie sollten zumindest theoretisch die Besten, also die Klügsten, an die Macht kommen. Doch es gibt immer auch Menschen, die sich als „Verlierer“ fühlen. Damit meinte er nicht jene, die tatsächlich finanziell benachteiligt sind, sondern jene, die überzeugt sind, dass eigentlich sie selbst an die Macht gehören.

Um an die Macht zu kommen, entwickeln diese Menschen alternative Erzählungen, oft gestrickt aus Halbwahrheiten. Damit finden sie Resonanz bei Menschen, die sich nach einfachen Antworten sehnen oder die Komplexität schwer aushalten können. Er meinte, dieses Muster wiederhole sich immer. So war es bei Hitler, in kommunistischen Systemen oder ist es aktuell in den USA.

Ich verstand was er meinte und doch regte sich sofort Widerspruch in mir.

Zum einen: Was heißt schon „die Besten“? In unserer heutigen Demokratie wirken noch viele Möglichkeiten für Manipulation und Korruption und alte Strukturen, die das Wohl der Menschen nicht immer in den Mittelpunkt stellen.

Bitte versteh mich nicht falsch. Mir geht es nicht darum, die Demokratie in Frage zu stellen oder alles schlecht zu machen. Ich halte sie für die bisher fortschrittlichste Gesellschaftsform, die wir als Menschen hervorgebracht haben und sehe zugleich großes Potenzial zur Weiterentwicklung.

Warum Demokratien anfällig sind und warum sie trotzdem wichtig bleiben

In jeder Demokratie gibt es Schwachstellen:

Manipulation: durch gezielte Desinformation (Fake News), durch Lobbyarbeit, durch Medienkampagnen oder Social-Media-Algorithmen, die Stimmungen verstärken.

Korruption: in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Transparency International dokumentiert regelmäßig, dass selbst in gefestigten Demokratien Fälle von Korruption vorkommen z. B. Maskendeals während Corona in Deutschland (Siehe: Transparency Deutschland – Unterrichtsreihe: Der Maskenskandal).

Alte Strukturen: Demokratien sind historisch gewachsen. Viele Institutionen, Wahlverfahren oder Parteienlogiken spiegeln Machtverhältnisse aus der Vergangenheit wider. Das führt zu Trägheit und oft dazu, dass Bürger*innen das Gefühl haben: „Die da oben machen sowieso, was sie wollen.“

Nicht unbedingt das Wohl der Menschen im Blick: manchmal geht es um Machterhalt, Parteitaktik, wirtschaftliche Interessen. Doch es wäre verkürzt zu verallgemeinern. Viele Politiker*innen haben sehr wohl ein Gemeinwohlanliegen, nur geraten sie in komplexe Interessengeflechte.

Diktaturen kennen dieselben Phänomene nur ohne Korrekturmechanismen.

Jedenfalls sagte ich, dass nach meinem Eindruck „die Besten“ oft gar nicht an der Macht sein wollen. Er verstand das sofort, doch ging es ihm um das Prinzip. Schließlich bat er mich, den Gedanken weiter in mir zu bewegen. Das habe ich getan.

Eine unsichtbare Seite der Politik

Vor einigen Jahren habe ich mich auf eine schamanische Reise begeben. Damals fragte ich mich, ob wir etwas auf energetischer Ebene tun können, um die Politik positiv zu beeinflussen. Mich bewegte die Suche nach einem Beitrag, den wir jenseits von Wahlen und Diskussionen leisten können.

Als erstes erschien mir ein alter Indianer und meinte: „Ihr respektiert eure Anführer nicht.“ Ich wusste sofort, dass auch ich gemeint war. Und er hatte recht: Erst wählen wir sie und kurz darauf schimpfen wir mit ihnen.

Natürlich ist ein kritischer Blick auf das Handeln von Politiker*innen wichtig. doch was ich meine, ist eher die ewige, unreflektierte Meckerei, die nichts verändert.

Auf meiner Reise sah ich, wie die Energiefäden aus der Geschichte an den Regierungssitzen haften. Sie wirken auf diese Ämter ein. Einerseits ist das wertvoll, weil wir uns dadurch an unsere vergangenen Schöpfungen erinnern. Andererseits tragen diese Fäden auch Schatten: Schuldgefühle, Angst, alte Vorstellungen von Macht und all das belastet die Arbeit dort.

Neben diesen alten Fäden sah ich ein riesiges Feld, das auf die Arbeit der Menschen wirkt, die Verantwortung in Politik und Regierung übernehmen. Es war die geballte Unzufriedenheit der Bevölkerung, all das, was wir auf die Politik projizieren. Dieses Feld erschien mir wie die Dementoren aus „Harry Potter“: dunkle Wesen, die alles Glück und jede Zuversicht aus Menschen aussaugen.

In einem solchen energetischen Umfeld, dachte ich, kann eigentlich kein Mensch wirklich klare und gute Entscheidungen für das Ganze treffen.

Später arbeitete ich bei einer Frau mit einer physischen Behinderung. Dadurch kam ich oft ins Büro der damaligen bayerischen Behindertenbeauftragten. Dort erlebte ich noch etwas, das mein Denken über Politik und ihre Strukturen grundlegend beeinflusste: Ich sah Menschen, die lieben – mitten in einem Ministerium. Menschen, die dort arbeiten, weil sie etwas verändern wollen.

Das hat mir Vertrauen gegeben: Es gibt Liebe in Aktion in den Institutionen. Und sie wirkt.

Teil 2 – Reflexion

Wer sind also „die Besten“?

Für mich sind „die Besten“ nicht die Lauten oder die Ehrgeizigen, sondern die Weisen, die Herzmenschen. Und gerade sie haben oft kein Interesse an Macht. Ich stimme Dumbledore zu, wenn er sagt: „… diejenigen, die nie nach der Macht streben, sind vielleicht am besten geeignet, sie auszuüben,“ („Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ von J. K. Rowling).

Besonders liebe ich die synergetischen Effekte, wenn viele Menschen zusammenkommen, um etwas Neues und Kraftvolles zu erschaffen. In meiner Lieblingsvorstellung sind alle eigenverantwortlich und erkennen sich selbst als Teil des Ganzen. In diesem Hin- und Herschwingen zwischen Ich und Wir können aus der (Selbst)Liebe heraus und mit einem klaren Blick für Strukturen wirklich gute gemeinsame Entscheidungen entstehen.

Kollektive Schatten

Hitler konnte nur deshalb so viel Macht entfalten, weil er auf ein gewaltiges Resonanzfeld traf. In den Menschen lebten autoritäre Strukturen fort, gewachsen über Jahrhunderte und tief in ihrem Inneren verankert. Er wurde zum Spiegel für das, was im Kollektiv noch unerlöst war.

Solche Schatten zu erkennen, anzunehmen und zu verwandeln, gehört für mich sowohl zur Selbstliebe als auch zur Politik.

Gerade in Deutschland zeigt sich das besonders an unserer Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit: Wir haben gelernt, unsere Verantwortung nicht zu verdrängen, sondern sichtbar zu machen. Doch oft bleibt diese Erinnerung in Schwere und Schuld verhaftet. Politik könnte einen Schritt weitergehen – vom Festhalten an Schuld hin zu einem bewussten Anerkennen und Verwandeln.

Wir wissen, wie es ist, Täter geworden zu sein. Doch statt in Schuldgefühlen zu verharren, wäre es fruchtbarer, Verantwortung anzuerkennen und vor allem zu verstehen: politisch, wirtschaftlich, psychologisch und spirituell. So könnten wir anderen Ländern, die gerade in ihr eigenes Dunkel verstrickt sind, helfen, ohne Schuldzuweisungen, sondern indem wir immer wieder Wege heraus aufzeigen.

Gerade in aktuellen Konflikten zeigt sich, wie entscheidend die Haltung zur Gewalt ist. Ein Beispiel dafür sind die Deserteure aus Russland oder der Ukraine, die sich weigern zu kämpfen. Sie verkörpern den Mut, „Nein“ zu Gewalt zu sagen und verdienen Schutz sowie Anerkennung. Gerade hier könnte Deutschland zeigen, dass es aus seiner Geschichte gelernt hat: indem es diejenigen ehrt, die den Weg der Gewaltlosigkeit wählen.

Gewalt, Gewaltverweigerung und Verantwortung — ein differenzierter Blick

Die Frage, wie wir mit Gewalt umgehen, gehört zu den Schwierigsten überhaupt. Es gibt keine einfachen Antworten, wohl aber Prinzipien, die uns helfen können, klüger zu entscheiden:

Grundbegriffe

  • Gewaltverweigerung: bewusster Verzicht auf Gewalt auch angesichts von Bedrohung; kann moralische Autorität schaffen und langfristig Systeme verändern.
  • Gewalt als letztes Mittel: die Entscheidung, Gewalt anzuwenden, muss bewusst, verantwortet und nur als letztes Mittel getroffen werden, wenn Schutz anders nicht möglich ist.

Ethische Kriterien in Kürze

  • Intention: Dient die Handlung dem Schutz von Menschen und dem Abwenden größeren Leids oder geht es doch um Rache oder Macht?
  • Verhältnismäßigkeit: Ist die Maßnahme erforderlich und verhältnismäßig gegenüber der Bedrohung?
  • Letztes Mittel: Wurden alle nicht-gewaltsamen Optionen ausgeschöpft (Diplomatie, Sanktionen, Entschärfung, Fluchtwege)?
  • Schutz der Unbeteiligten: Werden möglichst viele Unbeteiligte geschützt, nicht gefährdet?

Historische und gegenwärtige Beispiele

  • Gewaltfreie Bewegungen (z. B. Gandhi) zeigen, dass kollektive Gewaltverweigerung Mächte erschüttern kann.
  • In anderen Situationen (etwa beim Kampf gegen mörderische Regime) haben Menschen und Staaten Gewalt eingesetzt, um Leben zu schützen. Die Bewertung bleibt komplex und kontextabhängig.
    • Die Tupamaros in Uruguay zum Beispiel setzten in den 1960er- und 70er-Jahren auch auf Gewalt, weil sie in einer Diktatur kaum andere Möglichkeiten sahen. Und doch war ihr innerer Kompass nicht Hass, sondern die Liebe zu den Menschen, zu Gerechtigkeit und zum Land.
      Später, mit Jose „Pepe“ Mujica als Präsident, zeigte sich ein anderes Gesicht dieser Bewegung: ein Mann, der Gewalt kannte und dennoch als Politiker radikal auf Vertrauen, Bescheidenheit und Menschlichkeit setzte.
      Für mich zeigt das: Selbst dort, wo Gewalt als letztes Mittel gewählt wurde, kann Liebe die innere Richtschnur bleiben.

Konkrete Politikideen, aus Verantwortung statt Schuld

  • Anerkennung und Schutz für Gewaltverweiger*innen: faire Asylverfahren, psychosoziale Versorgung und keine Stigmatisierung.
  • Bürgerschaftliche Übergangsformate: schnelle Hilfs- und Integrationsangebote für Geflüchtete aus Kriegsgebieten statt lähmender Bürokratie.
  • Bildung und Gedenkkultur im Lernmodus: Erinnerung verbinden mit Angeboten, wie Trauer, Empathie und Verantwortung konstruktiv gelebt werden können und nicht dazu führen, dauerhaft in einer Scham-Schleife zu verharren.
  • Förderung gewaltfreier Strategien: Trainings für gewaltfreie Konfliktlösung, Schutzräume und Evakuierungsmechanismen, damit Menschen nicht gezwungen sind, zwischen Töten oder Sterben zu wählen.

Kerngedanke
Liebe für alle, Opfer wie Täter*innen, kann die Richtschnur sein. Das bedeutet nicht moralische Naivität: Verantwortung heißt auch, Grenzen zu setzen und, wenn nötig, Schutz durchzusetzen. Es heißt aber auch, Menschen zu achten, die aus Gewissensgründen Gewalt verweigern, und ihnen Wege anzubieten, statt sie zu bestrafen.

Gelebte Liebe für potenzielle Täter

Ein eindrückliches Beispiel für einen solchen liebevollen und zugleich verantwortungsvollen Umgang mit potenzieller Täterschaft ist die deutsche Hilfskampagne „Kein Täter werden“.

Sie richtet sich an Menschen mit pädophilen Neigungen und bietet ihnen therapeutische Hilfe, noch bevor sie zu Täter*innen werden. Anstatt ihre Gefühle und Neigungen zu verurteilen, öffnet das Programm einen Raum für Verantwortung und Heilung. So wird Leid für die Betroffenen selbst wie auch für mögliche Opfer verhindert.

Konkrete Formen von Liebe für Menschen, die bereits Täter*in geworden sind

  1. Menschenwürdige Behandlung
  2. Angebote zur Reflexion
    • Regelmäßige therapeutische Begleitung, die nicht nur das Delikt abarbeitet, sondern Ursachen ergründet (z. B. eigene Traumata, gesellschaftliche Prägungen).
    • Programme wie Restorative Justice: Opfer haben, wenn sie es wünschen, die Möglichkeit, ihre Täter*innen zu konfrontieren. Täter*innen wiederum sind gefordert, die Folgen ihres Handelns zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen.
  3. Verantwortung statt reine Strafe
    • Konsequenzen sind klar: Schutz der Gesellschaft geht vor.
    • Doch die Konsequenzen sind nicht nur Wegsperren, sondern Einbindung in Lern- und Verantwortungsprozesse.
  4. Arbeit an Strukturen
    • Gesellschaftliche Bedingungen, die Täterschaft begünstigen (z. B. Gewalt in Familien, Armut, Ausgrenzung, ungesunde Männlichkeitsbilder), müssen reflektiert und verändert werden.
    • Täter*innenarbeit sollte deshalb stets mit Prävention verbunden sein.
  5. Liebe = Möglichkeitsraum
    • Liebe heißt nicht: „Alles ist gut.“
    • Liebe heißt: „Du bist mehr als deine Tat. Wir sehen die Möglichkeit, dass du dich ändern kannst und du trägst die Verantwortung, diesen Weg zu gehen.“

All diese Beispiele zeigen: Es gibt Wege, aus dem Kreislauf von Schuld, Gewalt und Verurteilung auszusteigen. Sie sind nicht einfach, aber sie sind möglich, wenn wir Verantwortung mit Liebe verbinden.

Nicht jede Geschichte muss sich wiederholen

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben die Menschen in Deutschland, so empfinde ich es, einen großen Bewusstseinssprung gemacht. Immer wieder treffe ich auf junge Menschen in ihren Zwanzigern, die unglaublich reflektiert sind.

Ich glaube, das hat mindestens zwei Gründe: Zum einen inkarnieren heute immer mehr Seelen, die neue Energien mitbringen. Zum anderen finden sie hier eine energetische Landschaft vor, die inzwischen Raum für neue Gedanken und Verhaltensweisen eröffnet.

Dabei möchte ich die Generationen vor uns ausdrücklich würdigen. Unsere Großeltern, also die Großeltern meiner eigenen Generation, die heute um die 50 sind, mussten vor allem eines: überleben. Sie bauten das Land wieder auf, schufen neue politische Strukturen und hatten kaum die Möglichkeit, tiefer zu reflektieren. Erst als es nicht mehr ums nackte Überleben ging, konnten ihre Kinder und Enkel anfangen, innerlich freier zu werden.

Dass wir uns heute so intensiv mit unserem Innenleben beschäftigen können, empfinde ich zugleich als Luxus und als dringende Notwendigkeit.

Vielleicht sind wir in Deutschland schon durch unser dunkelstes Tal gegangen. Vielleicht müssen wir zumindest dieses Dunkel nicht noch einmal durchleben, um weiterzugehen. Andere Länder, wie z.B. die USA, stehen möglicherweise mitten in einem ihrer kollektiven Schattenprozesse.

Auch wenn es uns manchmal Angst machen mag, können wir den Prozessen anderer Länder mit Verständnis und Mitgefühl begegnen, so, wie auch wir einst Unterstützung erfahren haben.

Nicht alle gleichzeitig – Rhythmen des Wandels

Wandel geschieht nicht gleichzeitig für alle. Wir müssen einander in unseren inneren und äußeren Prozessen halten und tragen. Schaue ich auf Menschen, sehe ich: Wenn jemand durch sein tiefstes Dunkel geht, kann er eine Zeit lang handlungsunfähig werden. Er kann nicht mehr funktionieren und noch nicht in erweiterter Selbstliebe andere Menschen mittragen.

Würden wir alle gleichzeitig in solche Prozesse fallen, gäbe es niemanden mehr, der das Brot bäckt oder die Welt im Alltag am Laufen hält.

So empfinde ich es auch auf der Ebene von Ländern. Der Globus würde noch mehr im Chaos versinken, wenn alle Länder gleichzeitig ihre Schatten aufräumen würden. Auch auf dieser Ebene braucht es Kräfte, die stabilisierend wirken, während andere durch ihre Krisen gehen.

Ich bin davon überzeugt: Wir Menschen werden eines Tages sowohl individuell als auch kollektiv entscheiden können, bewusst zu wachsen, nicht mehr nur nach dem Prinzip „Schlaua durch Aua“, sondern aus freier Wahl.

Die ökologische Krise als Chance

In der ökologischen Krise liegt für mich auch eine große Möglichkeit. Der Klimawandel macht uns unübersehbar deutlich: Alles ist miteinander verbunden. Was wir tun oder unterlassen, wirkt sich auf das Ganze aus. Hier zeigt sich EinSein nicht nur als spirituelle Idee, sondern als konkrete Überlebensnotwendigkeit für uns alle.

Politik, Selbstliebe, Sich-Lieben-Lassen, EinSein und Meisterschaft

Politik ist für mich keine abstrakte Bühne, sondern ein Spiegel unseres innersten Zusammenlebens. In ihr zeigt sich, welche Werte wir gerade bewusst oder unbewusst leben. Kurz gesagt: Politik ist für mich gelebte Spiritualität.

Auch unsere Wirtschaft, also die Art, wie wir produzieren, tauschen und teilen, ist Ausdruck derselben Werte und damit ein Spiegel dafür, wie wir mit uns selbst umgehen.

Die Essenz meiner eigenen Entwicklung verdichtet sich in vier Säulen meines Fundaments:

  • Bedingungslose Selbstliebe – Nur wer sich selbst mit allen Anteilen annimmt, Licht wie Schatten, kann auch andere wahrhaft annehmen, ohne sie zu verurteilen.
  • Die Kunst, sich lieben zu lassen – Liebe anzunehmen, erfordert Mut und Würde. Wer das übt, entwickelt Respekt und Dankbarkeit. Daraus erwächst eine Haltung, die Verbindung auch im politischen und gesellschaftlichen Miteinander schafft.
  • EinSein – Wer EinSein nicht nur als Konzept begreift, sondern es in sich spürt, weiß: Jede Entscheidung wirkt ins Ganze. Unser Leben ist wie ein kosmischer Tanz: bewegt sich einer, bewegt sich alles.
  • Meisterschaft – Meisterschaft zeigt sich, wenn wir das Chaos, die Grausamkeiten und die Irrungen unserer Zeit sehen, ohne uns darin zu verlieren. In Liebe zu bleiben, Grenzen zu setzen, wo sie nötig sind, und Wege aufzuzeigen, wo andere nur Gestrüpp sehen, das ist für mich gelebte Meisterschaft.

Und ja, demokratische Prozesse können quälend langsam sein. In totalitären Systemen trifft eine kleine Elite die Entscheidungen und setzt sie sofort durch. Das kann nach außen effizient wirken, doch es bedeutet zugleich, dass niemand gefragt wird.

In einer Demokratie wird diskutiert, gestritten, abgewogen. Das braucht Zeit, doch gerade diese Zeit schafft Raum für Beteiligung. Mir ist das lieber. Denn für mich heißt Demokratie auch: möglichst viele Menschen können mitkommen. Das ist gelebte Selbstliebe im Politischen.

Und was antworte ich nun meinem Gesprächspartner?

Vielleicht dies: Ja, das Muster gibt es. Jemand ist an der Macht, ein anderer will selbst dorthin und erfindet „Wahrheiten“, die andere fesseln und manchmal ganze Systeme in autoritäre Bahnen lenken können.

Doch ich glaube nicht, dass sich diese Spirale ewig wiederholt. Menschen wachsen. Nicht nur jede*r für sich, sondern auch als Kollektiv. Energetische Muster, die wirklich gewandelt sind, verlieren ihre Macht. Was erlöst ist, lässt sich nicht mehr so leicht in freie Herzen einschreiben.

Politische Strukturen zeigen uns, wo wir als Gesellschaft gerade stehen. Demokratie ist kein fertiges System, sondern ein Weg, auf dem wir immer mehr in Leichtigkeit lernen und verstehen können, eine Art Übungsweg. Wir lernen, Verantwortung zu teilen, Vielfalt auszuhalten und mit Macht umzugehen. Und wir gehen diesen Weg miteinander, Schritt für Schritt.

Ich glaube, dass wir diese Strukturen eines Tages nicht mehr brauchen werden, weil wir uns selbst und einander dann so sehr spüren und vertrauen, dass wir ohnehin als Eins handeln. Wenn sich Scham, Angst und Misstrauen in Offenheit, Fühlen und Vertrauen gewandelt haben, entsteht Ordnung nicht mehr von außen, sondern aus unserem Inneren.

Häufige Fragen: Politik, Selbstliebe und Verantwortung

Was meinst du mit „Demokratie als Übungsweg“?

Demokratie ist kein fertiger Zustand, sondern ein Prozess: Wir lernen, Verantwortung zu teilen, Vielfalt auszuhalten und mit Macht reif umzugehen. Fehler, Korrekturen und langsamere Entscheidungen gehören zum Lernen.

Wieso wirkt Demokratie manchmal so langsam?

Weil viele Perspektiven gehört und abgewogen werden. Das kostet Zeit, eröffnet aber Beteiligung und erhöht die Akzeptanz. Scheinbare Effizienz autoritärer Systeme blendet aus, dass dort Menschen nicht gefragt werden.

Sind Manipulation und Korruption ein Beweis gegen Demokratie?

Nein. Sie sind Schwachstellen, die in allen bisherigen Systemen vorkommen. Der Unterschied: Demokratien besitzen Korrekturmechanismen (freie Presse, unabhängige Justiz, Wahlen, Zivilgesellschaft), mit denen Missstände sichtbar und veränderbar werden.

Wer sind „die Besten“ und wollen sie überhaupt Macht?

Für mich sind es nicht die Lautesten, sondern Menschen mit Herz, Weisheit und Verantwortungsbewusstsein. Viele davon streben keine Macht an. Demokratische Strukturen sollten deshalb Wege öffnen, damit auch „Macht-Zurückhaltende“ Verantwortung tragen können.

Was bedeutet „kollektive Schatten“ in politischem Kontext?

Ungelöste Themen einer Gesellschaft wie Angst, autoritäre Muster, Schuld wirken weiter, bis sie erkannt und verwandelt werden. Aufarbeitung (z.B. der NS-Vergangenheit) kann von Schwere und Schuld in Verantwortung und Verwandlung übergehen.

Wie passt „Liebe“ in Politik, ohne naiv zu wirken?

Liebe heißt nicht „alles ist erlaubt“. Sie verbindet Klarheit und Mitgefühl: Grenzen setzen, wo Schutz nötig ist, und zugleich menschlich bleiben. „Liebe + Verantwortung“ ist die Richtschnur: konsequent, aber nicht entwürdigend.

Gewaltverweigerung oder Schutz durch Gewalt – welche Entscheidung ist „richtig“?

Es gibt keine einfache Formel. Leitplanken sind Intention (Schutz vs. Rache), Verhältnismäßigkeit, Ultima Ratio und Schutz Unbeteiligter. Gewaltfreiheit kann Systeme erschüttern; manchmal wird zum Schutz Gewalt als letztes Mittel gewählt.

Warum erwähne ich Deserteur*innen?

Sie verkörpern ein mutiges „Nein“ zur Gewalt. Anerkennung und Schutz zeigen, dass wir aus Geschichte lernen: Gewissen achten, Gewaltverweigerung ermöglichen und bürokratische Hürden reduzieren.

Was ist Restorative Justice und warum halte ich sie für sinnvoll?

Restorative Justice bringt – nur wenn Opfer das wünschen – Betroffene und Täter*innen in einen geschützten Rahmen. Ziel: Folgen anerkennen, Verantwortung übernehmen, Wandlung ermöglichen. Es ergänzt, ersetzt aber nicht automatisch weitere Konsequenzen.

Wie sieht „Liebe für bereits Täter*innen“ konkret aus?

Menschenwürdige Haftbedingungen, Therapie, Bildungs- und Arbeitsangebote, Reflexion gesellschaftlicher Ursachen und Prävention. Konsequenzen bleiben, aber entwürdigende Behandlung hilft niemandem und verhindert Wandel.

Was kann ich als einzelne Person tun?

Innen: Wirklich Bedingungslose Selbstliebe, Grenzen, Dialogfähigkeit, Faktenkompetenz, Schattenarbeit. Außen: wählen gehen, zivilgesellschaftlich engagieren, respektvoll debattieren, Desinformation widersprechen, Schutzbedürftige unterstützen.

Warum verknüpfe ich Spiritualität mit Politik?

Weil Politik gelebte Werte sichtbar macht. Wenn wir EinSein, Selbstliebe und Verantwortung ernst nehmen, spiegeln sich diese Qualitäten in unseren Institutionen und umgekehrt prägen Institutionen unser Miteinander.

Es grüßt dich herzlich

Tanja Richter


Tanja Richter - ein Portrait

Über die Autorin:

Tanja Richter begleitet Menschen dabei, in die Tiefe ihres Wesens einzutauchen, sich selbst liebevoll zu begegnen und in Verbindung mit der geistigen Welt zu wachsen. Ihre Arbeit ist geerdet, klar und schöpft aus jahrzehntelanger Erfahrung mit schamanischen Wegen, spiritueller Praxis und innerer Meisterschaft.

Erfahre mehr über Tanja Richter und ihre Arbeit …

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